Cannabinoide als Add-on für die Opioid-Therapie
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CANNA KOLUMNA

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Neues aus der Jägerstraße


Wenn es um cannabis-basierte Therapien geht, gibt es noch sehr viele ungeklärte Themen und Neuland. Cannabis hat einen hohen medizinischen Wert. Das wussten die Menschen schon vor Tausenden von Jahren. Trotz regulatorischer Hürden der letzten 60 Jahre bestätigt die Forschung dies immer wieder. Vayamed, ein pharmazeutisches Unternehmen aus Berlin, will mehr Klarheit schaffen. Freuen Sie sich deshalb auf die kommende, regelmäßige Cannabis-Kolumne hier beim Marktplatz der Gesundheit!

Cannabinoide als Add-on für die Opioid- Therapie?

Chronische Schmerzen und ihre Bewältigung stellen eine ständige Herausforderung für Millionen von Menschen dar. In Deutschland leiden 17% der Bevölkerung darunter; das sind mehr als 12 Millionen Menschen. (1) Etwa jede:r fünfte Patient:in in hausärztlichen Praxen klagt über chronische Schmerzen. (2) Daher sind Opioide zu einem wichtigen Bestandteil der Schmerztherapie geworden.  Doch während diese starken Schmerzmittel zweifellos effektiv sind, bringen sie auch eine Vielzahl von Problemen und Risiken mit sich. In jüngster Zeit hat die medizinische Forschung begonnen, die Möglichkeit zu erkunden, Cannabinoide als Ergänzung zu Opioiden in der Schmerztherapie einzusetzen. In dieser Kolumne werden wir uns eingehend mit diesem spannenden Thema befassen.

Was sind Opioide?

Opioide sind eine Gruppe von Medikamenten mit Wirkstoffen mit morphinartiger Wirkung, die zur Linderung von starken Schmerzen eingesetzt werden. Sie werden oft bei akuten Schmerzen nach Verletzungen oder Operationen sowie bei chronischen Schmerzen, die beispielsweise durch Krebs oder degenerative Erkrankungen verursacht werden, verschrieben. (3)  Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat für diese Arzneimittel ein dreistufiges Schema in der Schmerztherapie entwickelt:

Stufe 1: Bei mäßig ausgeprägten Schmerzen werden nicht-opioide Analgetika, wie zum Beispiel Paracetamol oder Acetylsalicylsäure (ASS) eingesetzt.
Stufe 2: Mittelstarke Schmerzen können mit schwachen Opioiden (z. B. Tramadol oder Tilidin) behandelt werden.
Stufe 3: Bei starken Schmerzen können stärkere Opioide (z. B. Morphin oder Buprenorphin) zum Einsatz kommen.
Beispiele für bekannte Opioide sind: Buprenorphin, Codein, Fentanyl, Hydromorphon, Morphin, Oxycodon, Tapentadol und Tramadol. (4)

Wie wirken Opioide?

Opioide wirken, indem sie sich an bestimmte Rezeptoren im Gehirn, Rückenmark und anderen Teilen des Körpers, den Opioidrezeptoren, binden. Dies führt zu einer Hemmung der Schmerzsignale, die von Nervenzellen zum Gehirn übertragen werden. Das Schmerzempfinden wird reduziert. Opioide beeinflussen nicht nur die Schmerzempfindung, sondern auch das Belohnungszentrum des Gehirns, was zu einem Gefühl der Euphorie führen kann. Diese Euphorie ist es, die das Potenzial für Missbrauch und Abhängigkeit von Opioiden erhöht.

Welche Problematik haben Opioide (Nebenwirkungen, Toleranz, Abhängigkeit)?

Obwohl Opioide bei der Schmerzlinderung helfen, bringen sie auch erhebliche Probleme mit sich. Häufige Nebenwirkungen sind Übelkeit, Benommenheit, Verstopfung, trockener Mund, Schwäche, Juckreiz, vermehrtes Schwitzen, verringertes sexuelles Lustempfinden oder Störungen der Monatsblutung. (5)

Ein weiteres Problem ist die Entwicklung von Toleranz: das bedeutet, dass mit der Zeit immer höhere Dosen benötigt werden, um die gleiche Schmerzlinderung zu erzielen. Diese sogenannte Opioidtoleranz beginnt nach wiederholter Gabe bzw. länger andauernder Einnahme des Schmerzmedikamentes. Patient:innen beklagen dann eine unzureichende Schmerzlinderung trotz zunächst ausreichender Dosierung. Um die ursprüngliche schmerzstillende Wirkung zu erreichen, ist die Erhöhung der Dosierung notwendig. (6) Dieser Gewöhnungseffekt kann unter Umständen das Risiko für das Auftreten von Nebenwirkungen oder die Entwicklung einer Abhängigkeit erhöhen.

Opioide sollten außerdem nicht zum Einsatz kommen bei Migräne, Spannungskopfschmerzen, Reizdarm, Reizblase, dauerhafter Entzündung des Darms oder der Bauchspeicheldrüse (Ausnahme: bei einem akuten Schub) und seelischen Erkrankungen, die mit Dauerschmerzen einhergehen. Bei diesen Krankheiten wirken Opioide kaum oder gar nicht und die Nebenwirkungen überwiegen. Für Schwangere, Kinder und Jugendliche sind Opioide ebenfalls nicht ratsam.

Cannabinoide als Add-On-Therapie, was bedeutet das?

In den letzten Jahren hat die Forschung begonnen, Cannabinoide als mögliche Ergänzung zu Opioiden in der Schmerztherapie zu untersuchen. Cannabinoide sind Verbindungen, die in der Cannabispflanze vorkommen, darunter Cannabidiol (CBD) und Tetrahydrocannabinol (THC). Sie interagieren mit dem körpereigenen Endocannabinoid-System und haben entzündungshemmende und schmerzlindernde Eigenschaften.

 

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Die Idee, Cannabinoide als Add-On-Therapie zu verwenden, besteht darin, sie in Kombination mit Opioiden einzusetzen, um die Wirksamkeit der Schmerzlinderung zu erhöhen und idealerweise gleichzeitig die Dosis der Opioide zu reduzieren. Dies könnte dazu beitragen, die Nebenwirkungen und das Risiko der Abhängigkeit zu minimieren.

In einer israelischen Studie wurde gezeigt, dass der Opioid-Konsum von chronischen Schmerzpatient:innen nach Beginn einer Cannabistherapie um 44% gesenkt werden konnte. Zudem führte der Einsatz von medizinischem Cannabis im Untersuchungszeitraum zu einer signifikanten Schmerzsenkung sowie zur Verbesserung der sozialen und emotionalen Einschränkungen. Eine Patient:innenbefragung nach dem Beginn einer begleitenden Cannabis-Therapie ergab eine deutliche Verbesserung hinsichtlich Lebensqualität, Teilnahme am sozialen Leben und Aktivität (unabhängig davon, ob die Opiat-Dosis reduziert werden konnte oder nicht). Die Forscher schlussfolgerten, dass Cannabis vor allem die Begleitumstände bzw. das Leben mit den Schmerzen als solches erträglicher macht. (7)
Die Befragung von Patient:innen aus drei Cannabis-Praxen in den USA kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: 40,4% der Teilnehmer:innen berichteten von einem kompletten Absetzen der Opiate und 45,2% zumindest von einer Dosisreduktion; von einer Verbesserung der Lebensqualität berichteten 87,0% und 62,8% wollen auch zukünftig keine Opiate mehr einnehmen. (8)

Einer der wohl größten Vorteile von Medizinalcannabis gegenüber den Opioiden ist die geringe Toleranzentwicklung. Der Körper gewöhnt sich sehr schnell an die Opioid-Gabe, wodurch die meisten Patient:innen ihre Dosis stetig erhöhen müssen. Dieser Effekt besteht bei der Einnahme von Cannabis-Arzneimitteln nicht. Auch wenn cannabisbasierte Medikamente über einen längeren Zeitraum eingenommen werden, sind höhere Dosen meist nicht oder nur geringfügig notwendig, um eine gleichbleibende schmerzlindernde Wirkung zu erhalten. (9)

Fazit

Die Kombination von Cannabinoiden und Opioiden in der Schmerztherapie zeigt vielversprechende Ergebnisse, die darauf hindeuten, dass sie eine wirksame Strategie zur Schmerzlinderung sein könnten. Dies könnte nicht nur die Schmerztherapie effektiver machen, sondern auch die Risiken und Nebenwirkungen von Opioiden reduzieren. Dennoch sind weitere umfangreiche Studien und Forschungen erforderlich, um die langfristige Sicherheit und Wirksamkeit dieser Kombination zu bestätigen. Die Forschung auf diesem Gebiet sollte fortgesetzt werden, um eine fundierte und sichere Anwendung zu gewährleisten und das volle Potenzial dieser vielversprechenden Therapie zu realisieren. Die Evidenz zur opioidsparenden Wirkung durch Cannabinoide als Adjuvanzien ist vielversprechend. Eine standardmäßige Verschreibung von Adjuvans-Cannabinoiden zu Opioiden in der Schmerzmedizin könnte also zur Patient:innensicherheit beitragen.

Wir hoffen, Ihnen hat die neue Canna Kolumna wieder einmal gefallen. Wir halten Sie auf dem Laufenden – jeden Monat neu, hier beim Marktplatz der Gesundheit.

Bis zum nächsten Mal,

Ihre Expert:innen aus der Jägerstraße!

Quellen

1 Schmerzpatient:innen in Deutschland:
https://www.schmerzgesellschaft.de/patienteninformationen/herausforderung-schmerz#:~:text=Etwa%2017%25%20aller%20Deutschen%20sind,als%2020%25%20%C3%BCber%2020%20Jahre.

2 Schmerzpatient:innen in Praxen: https://www.doctors.today/a/chronische-schmerzen-wie-und-wann-wirkt-cannabis-2005669

3 Opioide: https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/_old-files/downloads/pdf-Ordner/Patienteninformationen/opiode-bei-chronischen-Schmerzen.pdf

4 WHO  Schmerzschema:
https://www.anaesthesisten-im-netz.de/schmerzmedizin/medikamentoese-schmerztherapie/who-stufenschema-zur-schmerztherapie/

5 Nebenwirkungen Opioide: https://www.patienten-information.de/kurzinformationen/opioide#:~:text=H%C3%A4ufige%20Nebenwirkungen%20sind%20%C3%9Cbelkeit%2C%20Benommenheit,Risiko%20f%C3%BCr%20eine%20Sucht%20gering

6 Toleranzentwicklung Opioide
https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/pharmazie/toleranzentwicklung-warum-opioide-ihre-wirkung-verlieren-analgetika/

7  Studie Israel: Abuhasira, Ran, et al. „Epidemiological characteristics, safety and efficacy of medical cannabis in the elderly.“ European journal of internal medicine 49 (2018): 44-50.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29398248/

8  Patient:innenbefragung Cannabispraxis USA: Takakuwa KM, Hergenrather JY, Shofer FS, Schears RM. The Impact of Medical Cannabis on Intermittent and Chronic Opioid Users with Back Pain: How Cannabis Diminished Prescription Opioid Usage. Cannabis Cannabinoid Res. 2020 Sep 2;5(3):263-270. doi: 10.1089/can.2019.0039. PMID: 32923663; PMCID: PMC7480723
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32923663/

9 MacCallum, C. A. & Russo, E. B. Practical considerations in medical cannabis administration and dosing. Eur. J. Intern. Med. 49, 12–19 (2018).
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29307505/

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